Frau Lilienberger-Hauke, warum ist Cybersicherheit gerade für mittelständische Unternehmen so relevant?
Silke Lilienberger-Hauke: Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft – innovativ, agil und oft hochspezialisiert. Doch gerade diese Stärken machen ihn verwundbar. Viele mittelständische Unternehmen verfügen nicht über die Ressourcen großer Konzerne, um umfassende Sicherheitsstrukturen aufzubauen. Gleichzeitig sind sie zunehmend digitalisiert, vernetzt und damit ein attraktives Ziel für Cyberangriffe. Gerade wir machen oft die Erfahrung, dass ein erfolgreicher Angriff nicht nur die Daten gefährden kann, sondern ganze Geschäftsmodelle lahmlegt. Die Folgen reichen vom Produktionsausfall bis zum Reputationsverlust. Und während Konzerne oft über Krisenstäbe und Notfallpläne verfügen, fehlt im Mittelstand häufig die systematische Vorbereitung.
Viele sehen Cybersicherheit vor allem als Kostenfaktor. Warum geht diese Rechnung nicht auf?
Silke Lilienberger-Hauke: Cybersicherheit als reinen Kostenfaktor zu betrachten, ist ein gefährlicher Denkfehler. Denn was auf den ersten Blick wie eine Ausgabe wirkt, ist in Wahrheit eine Investition – in die Zukunftsfähigkeit, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Die Kosten eines erfolgreichen Cyberangriffs übersteigen die Ausgaben für Prävention um ein Vielfaches: Betriebsunterbrechungen, Datenverlust, Reputationsschäden, rechtliche Konsequenzen und Kundenabwanderung können existenzbedrohend sein. Studien zeigen, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen nach einem schweren Sicherheitsvorfall oft nicht mehr auf die Beine kommen.
Sie sprechen oft von Resilienz – die secudor hat für seine Kunden sogar den „Resilience Backbone“ entwickelt. Was meinen Sie damit?
Silke Lilienberger-Hauke: Mit dem Resilience Backbone haben wir ein strukturiertes Fundament geschaffen, das Unternehmen hilft, ihre digitale Widerstandsfähigkeit systematisch und nachhaltig zu stärken. Es geht nicht nur um punktuelle Sicherheitsmaßnahmen, sondern um ein ganzheitliches Rahmenwerk, das technische, organisatorische und menschliche Faktoren miteinander verzahnt. Unser Modell hilft, Prioritäten zu setzen, Verantwortlichkeiten zu klären und die Sicherheitskultur im Unternehmen zu verankern – nicht als Pflicht, sondern als strategischen Vorteil.
Die Frage lautet nicht „Was kostet Cybersicherheit?“, sondern „Was kostet es, sie zu ignorieren?“.
Welche wertvollen Tipps können Sie Unternehmen sofort mit auf den Weg geben?
Silke Lilienberger-Hauke:
Da fallen mir spontan zwei wichtige Punkte ein: Viele Unternehmen wissen gar nicht, dass Investitionen in Cybersicherheit förderfähig sind – dabei bieten Programme wie der Digitalbonus Bayern genau hier wertvolle Unterstützung. Ob Firewalls, Verschlüsselung, Awareness-Schulungen oder die Einführung eines ISMS: Solche Investitionen werden über den Digitalbonus aktuell mit bis zu 50 Prozent (maximal bis zu 7.500 Euro) bezuschusst. Die secudor kann dabei auf Wunsch den gesamten Prozess begleiten – von der Auswahl der passenden Maßnahmen über die Beantragung bis zur Dokumentation für die Förderstelle.
Darüber hinaus kann es für Klein- und Kleinstunternehmen interessant sein, den Cyberrisiko-Check des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) zu nutzen. Dieser ist ein unkompliziertes und praxisnahes Tool, mit dem man schnell erkennen kann, wo Unternehmen in Sachen Cybersicherheit stehen und welche Maßnahmen besonders sinnvoll sind – ganz ohne großen Aufwand oder IT-Vorkenntnisse.

Kann secudor Unternehmen auch bei der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften unterstützen?
Silke Lilienberger-Hauke: Ja, wir unterstützen Unternehmen auch bei der Umsetzung gesetzlicher Anforderungen wie der DSGVO, dem IT-Sicherheitsgesetz oder branchenspezifischer Standards wie TISAX. Dabei prüfen wir zunächst den aktuellen Stand, identifizieren mögliche Lücken und entwickeln passgenaue Datenschutz- und Sicherheitskonzepte. Auch bei der Dokumentation und Nachweisführung gegenüber Behörden, Kunden oder Zertifizierungsstellen stehen wir beratend zur Seite. Schulungen von Mitarbeitenden sind ebenso Teil unseres Ansatzes wie die Begleitung bei Zertifizierungen. So sollen regulatorische Vorgaben nicht nur zu erfüllt, sondern sinnvoll in bestehende Prozesse integriert werden.
Welche Rolle spielt Innovation in Ihrer Arbeit?
Silke Lilienberger-Hauke: Eine große Rolle. Denn in einem Umfeld, das sich technologisch und regulatorisch ständig verändert, reicht es nicht, bestehende Lösungen zu verwalten – wir müssen vorausdenken. Das beginnt beispielsweise mit unseren eigenen Innovationen wie dem Resilience Backbone. Wir setzen aber auch neue Technologien in Sicherheitskonzepten ein, wie etwa KI für Risikoanalysen und automatisierte Compliance‑Prüfungen. Ein wichtiger Baustein bei uns ist, dass wir uns ständig weiterbilden und aktiv in Verbänden, Gremien und Ausschüssen mitwirken.
Sie haben kürzlich im Rahmen der „Digitalen Kaffeepause“ auch mit der Wirtschaftsförderung Altmühlfranken zusammengearbeitet und konnten dort ihre Expertise zur NIS2-Richtlinie teilen. Wie wichtig ist Ihnen ein regelmäßiger Austausch mit der Wirtschaftsförderung?
Silke Lilienberger-Hauke: Der Austausch mit der Wirtschaftsförderung Altmühlfranken ist für uns von zentraler Bedeutung – nicht nur als Netzwerkplattform, sondern als aktiver Beitrag zur Stärkung der regionalen Wirtschaft. Gerade Formate wie die Digitale Kaffeepause zeigen, wie wertvoll praxisnahe Impulse und vertrauensvolle Gespräche für Unternehmen sind, die sich mit komplexen Themen wie der NIS2-Richtlinie oder Cybersicherheit auseinandersetzen müssen.

Stellen wir die technischen Themen kurz beiseite und sprechen über Ihre persönliche Perspektive und die Entwicklung von secudor. Sie haben die Geschäftsführung übernommen. Wie lief dieser Übergang ab?
Silke Lilienberger-Hauke: Der Übergang war für mich ein intensiver, aber sehr bewusster Prozess. Durch den fast einjährigen Auswahlprozess kannte ich secudor, seine Werte, Kunden und Themen sehr gut und konnte auf ein engagiertes Team und eine stabile Struktur bauen. Für mich ist die Geschäftsführung mehr als ein Rollenwechsel; sie bedeutet, strategische, menschliche und unternehmerische Verantwortung zu übernehmen.
Welche Herausforderungen sehen Sie generell beim Thema Nachfolge in Unternehmen? Gibt es auch Chancen?
Silke Lilienberger-Hauke: Die größte Herausforderung liegt oft nicht in der Organisation, sondern in der Kommunikation: Erwartungen, Werte und Visionen müssen abgeglichen werden – zwischen Generationen, Rollen und Persönlichkeiten. Eine gut vorbereitete Nachfolge kann frische Impulse bringen, neue Perspektiven eröffnen und das Unternehmen strategisch neu ausrichten. Wenn Erfahrung und Innovation auf Augenhöhe zusammenkommen, entsteht ein echtes Zukunftsmodell.

Zum Abschluss: Was möchten Sie den Unternehmerinnen und Unternehmern in Altmühlfranken mit auf den Weg geben?
Silke Lilienberger-Hauke: Aktuell stehen viele Unternehmen vor großen Veränderungen – ob durch Entwicklungen auf den internationalen Märkten oder durch neue gesetzliche Vorgaben. Gerade für den Mittelstand heißt das: flexibel bleiben und vorausschauend handeln. Mein Tipp: Schauen Sie, wo Sie Prozesse wie den Einkauf, Ihre IT-Strukturen oder die digitale Selbstständigkeit noch regionaler und nachhaltiger aufstellen können. Und nutzen Sie dafür die Netzwerke und das Wissen, das es hier bei uns in der Region gibt.