Interview Hering AG – Geschäftsführer Max Stechhammer über die 4-Tage-Woche

Als einer der führenden Hersteller für kundenspezifische Wärmetauscher steht die Hering AG aus Gunzenhausen seit Jahrzehnten für Qualität, technologische Innovationskraft und eine starke Teamkultur. Anfang 2023 hat das Unternehmen ein wegweisendes Arbeitszeitmodell eingeführt: die 4-Tage-Woche. Was zunächst nach einem mutigen Schritt in einer stark produktionsorientierten Branche klingt, hat sich schnell zu einem Erfolgsmodell entwickelt – sowohl für die Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen selbst. Im Interview haben wir mit Geschäftsführer Max Stechhammer unter anderem über die Hintergründe der Entscheidung, die Herausforderungen bei der Umsetzung und die Auswirkungen auf Effizienz und Zufriedenheit gesprochen.

Herr Stechhammer, seit Januar 2023 arbeitet die Hering AG in einer 4-Tage-Woche. Was waren die ausschlaggebenden Gründe für diese Entscheidung?

Max Stechhammer: Wir wollten vor allem attraktiver werden – gerade für begehrte Fachkräfte wie Schweißer. Gleichzeitig ging es darum, bestehende Mitarbeiter zu halten und uns klar vom Wettbewerb abzuheben. Die 4-Tage-Woche war für uns ein Weg, einen echten Unterschied zu machen. Außerdem wollten wir einfach mal mutig vorangehen – viele reden über neue Arbeitsmodelle, wir haben’s einfach gemacht. Und ehrlich gesagt: Der Freitag war oft ein eher unproduktiver Tag. Mit der 4-Tage-Woche wollten wir das Ändern und die Effizienz insgesamt steigern.

"Die 4-Tage-Woche war für uns ein Weg, einen echten Unterschied zu machen."

Max Stechhammer, Geschäftsführer Hering AG

"Die 4-Tage-Woche war für uns ein Weg, einen echten Unterschied zu machen."

Viele Unternehmen befürchten zunächst, dass eine verkürzte Arbeitswoche die Produktivität senken könnte, insbesondere in einem so anspruchsvollen Fertigungsumfeld. Wie hat sich die Effizienz bei Hering seit der Einführung entwickelt?

Max Stechhammer: Diese Befürchtung konnten wir schnell ausräumen. Obwohl wir die Wochenarbeitszeit von 40 auf 37 Stunden reduziert haben, erreichen wir heute den gleichen Umsatz mit der gleichen Belegschaft. Unsere Abläufe sind fokussierter geworden, die Tage werden intensiver genutzt, und die Produktivität hat insgesamt sogar zugenommen. Man spürt, dass die Mitarbeitenden ihre Zeit bewusster nutzen. Vier Tage, in denen jeder Handgriff zählt – das klappt wirklich gut.

Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfte das neue Modell gefreut haben. Welche Veränderungen haben Sie in Bezug auf Motivation und Arbeitszufriedenheit beobachtet?

Max Stechhammer: Die meisten Mitarbeitenden haben das neue Modell sehr positiv aufgenommen. Gerade in den ersten Monaten war die Freude über den zusätzlichen freien Tag deutlich spürbar. Insgesamt hat die 4-Tage-Woche nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Motivation im Team spürbar gesteigert. Mittlerweile ist das Modell fest im Alltag verankert und wird als klarer Gewinn empfunden.

Sie beliefern Kunden weltweit und arbeiten mit internationalen Partnern zusammen. Wie haben Ihre Kunden und Lieferanten auf das neue Arbeitszeitmodell reagiert – insbesondere im Hinblick auf Erreichbarkeit und Kommunikation?

Max Stechhammer: Hier ist Kommunikation alles. Wir haben das unseren Kunden und Lieferanten weltweit frühzeitig mitgeteilt und viel Lob und Anerkennung erhalten. In unserer Branche sind die Abläufe in der Regel so planbar, dass eine Rückmeldung innerhalb weniger Stunden selten entscheidend ist. Wenn man aber bis Ende der Woche Antworten von uns benötigt, organisieren wir uns so, dass alles bis Donnerstag erledigt ist. Bislang hat sich auch niemand beschwert, weil wir freitags nicht erreichbar waren.

Infoblock: Hering AG

Standort: Gunzenhausen

Führender Hersteller für kundenspezifische Wärmetauscher.

Anfertigung hochqualitativer Einzel­stücke, individuell auf Anwendungs­anforderungen und Kunden­spezifikationen ausgelegt.

Betreut und beliefert Projekte weltweit, Exportanteil von über 75%. 

Von der thermodynamischen Auslegung bis hin zur Inhouse-Fertigung – 100% made in Germany.

Etwa 70 Mitarbeitende, seit Anfang 2023 Einführung der 4-Tage-Woche.

Welche organisatorischen oder strukturellen Anpassungen waren notwendig, um die 4-Tage-Woche erfolgreich in den Produktions- und Entwicklungsprozessen zu verankern?

Max Stechhammer: Eigentlich waren nur wenige Anpassungen nötig. Entscheidend war, dass die Kommunikation gut funktioniert – intern wie extern. Die Abläufe haben sich schnell eingespielt, und die Teams haben ihre Prozesse entsprechend angepasst. Wenn es bei Projekten oder Lieferterminen einmal eng wird, nutzen wir den Freitag heute als echten Puffer. Das gibt uns zusätzliche Flexibilität, ohne dabei das Grundmodell infrage zu stellen.

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Die Hering AG ist bekannt für ihre Ausbildungsprogramme und die hohe Mitarbeiterqualifikation. Hat die 4-Tage-Woche auch Auswirkungen auf Ihr Arbeitgeberimage und die Gewinnung neuer Talente gezeigt?

Max Stechhammer: Ich würde sagen: teils teils. Die 4-Tage-Woche weckt definitiv Interesse bei Bewerbern. In Vorstellungsgesprächen kommt das Thema immer gut an, und einige haben sich sogar gezielt deswegen bei uns beworben. Der erhoffte, ganz große „Boom“ ist zwar ausgeblieben, so ehrlich müssen wir sein. Aber insgesamt stärkt das Modell unser modernes Arbeitgeberimage und macht uns für qualifizierte Fachkräfte noch attraktiver.

Nach über zwei Jahren Erfahrung – welche Bilanz ziehen Sie heute? Sehen Sie die 4-Tage-Woche als langfristiges Erfolgsmodell für Hering?

Max Stechhammer: Insgesamt ziehen wir eine sehr positive Bilanz und planen deshalb, langfristig beim Modell zu bleiben. Work-Life-Balance wird ja immer wichtiger, gerade für die jüngere Generation. Als kleiner Mittelständler setzen wir deshalb bewusst auf Angebote, die uns von anderen Unternehmen in der Umgebung abheben und uns attraktiv machen.

Veröffentlicht im Dezember 2025.